Mit Outdoorsport gesund bleiben ist ja in aller Munde. Aber Outdoorsport kann auch helfen gegen eine Krankheit zu kämpfen, die Umstände und Strapazen eines persönlichen Leidenswegs besser zu bewältigen oder nach und mit einer Erkrankung wieder auf die Beine helfen. Genau darum soll es in meiner kleinen zweiteiligen Serie gehen.

Im ersten Teil stelle ich euch Michael Füchsle vor, er ist Profikletterer mit Handicap und erzählt uns von seiner ganz persönlichen Geschichte, in der er das Klettern sein Lebenselixier nennt, das ihm wieder auf die Beine half. Im zweiten Teil möchte ich euch das Konzept „Outdoor against Cancer“ zeigen, das von der Initiatorin Petra Thaller gegründet wurde und Krebspatienten zusammenbringt, um gemeinsam Outdoorsport zu betreiben und so dem Krebs zu trotzen. Ganz nach dem Motto #stayfitgethealthy.

Michael Füchsle Profikletterer mit Handicap (Paraclimber)

„Sport ist mein Leben“ erzählt mir Michael Füchsle aus Schrobenhausen. In seinem Fall war und ist der Sport ein Lebenselixier, vielleicht sogar ein Lebensretter. Der Profi-Paraclimber, der gerade an der Weltmeisterschaft in Paris teilgenommen hat, schwebte in Lebensgefahr und das Klettern half ihm im wahrsten Sinne des Wortes wieder auf die Beine.

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Klettern trotz Handicap (Foto: Michael Füchsle)

Ein sportlicher, schlanker, sehr freundlicher Mann. Aber wo ist bitte das Handicap? Michael Füchsle ist schließlich Paraclimber, also Kletterer mit Einschränkung. Man sieht es dem 49-Jährigen nun wirklich nicht an, welches Schicksal er hinter sich hat. Zunächst lief alles nach Wunsch. Klettern – das war und ist schon immer alles für ihn: „Ich klettere seit meinem zwölften Lebensjahr, ich mit knappen fünfzehn aus der Schule gekommen und bin dann gleich ins Profi Geschäft eingestiegen.“ Von 1986 bis 2004 war er in der ganzen Welt unterwegs, meisterte diverse Erstbegehungen und veröffentlichte Kletterführer. Von seiner Leidenschaft leben zu können – es ist ein Traum für ihn wahr geworden. „Zu der Zeit war das Profi Klettern in Deutschland noch relativ unbekannt. Ich war so ziemlich der erste Kletterer, der damals schon etwas finanzielle Unterstützung bekommen hat.“ Doch 2005 änderte sich auf einmal alles.

16 Tage im Koma

Michael Füchsle erlitt einen Darmdurchbruch. Mit lebensbedrohlichen Konsequenzen, denn er zog sich eine Blutvergiftung zu. 16 Tage lag er im Koma. Nachdem er wieder aufgewacht war, blieb sein Körper vom Kopf ab gelähmt. Die Blutvergiftung verursachte eine Polyneuropathie, also eine Störung des Nervensystems und ihm musste ein künstlicher Darmausgang (Stoma) gelegt werden. Letzteres war – zur großen Enttäuschung des Profi-Sportlers – der Grund dafür, dass sich etliche Menschen aus seiner Umgebung zurückzogen. „90 Prozent meiner Freunde haben sich von mir verabschiedet. Das war eine schlimme Zeit für mich.“

Mehrere Monate dauerte die Reha, bis er überhaupt wieder stehen und ein paar Schritte gehen konnte: „Bis 2012 habe ich keine 20 Meter laufen können. Es war ein langer, langer schwerer Weg sich da wieder ins Leben zu kämpfen“, erinnert sich Michael Füchsle, der sich fortan zahlreichen Operationen unterziehen musste. „Während der Reha wurde meinen Eltern erklärt, sie sollten am besten einen Pflegeplatz suchen, weil ich den Rollstuhl niemals wieder verlassen werde.“

Dann war da ja aber noch der Sportler in ihm. Der wollte sich mit diesem Schicksal nicht abfinden. Schließlich war er es seit seinen Teenager-Tagen gewöhnt, täglich zu trainieren. „Meine Freundin Marion hat dazu auch sehr viel beigetragen. Sie hat mich immer vorangetrieben. Ohne sie hätte ich es nicht geschafft.“ Die ersten Kletterversuche waren für Michael Füchsle ein echter Kraftakt. Mehr als zwei, drei Meter waren nicht drin, denn dann ließ die Kraft in den Armen nach. Von der verlorenen Kraft in den Fingern ganz zu schweigen. Durch konsequentes Training hat er sich wieder an den Sport und an sein „altes Leben“ heran gekämpft.

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Michael beim Bouldern (Foto: Michael Füchsle)
Michael beim Bouldern (Foto: Michael Füchsle)

Als Kletterer zurück im Wettkampf

Als er von Kletterwettkämpfen für Menschen mit Handicap gelesen hatte, war sie wieder da, die Begeisterung für das sportliche Kräftemessen: „Ich wollte 2015 in Österreich eigentlich nur nochmal einen international Wettkampf mitmachen, aber das hat mir dann so gut gefallen, dass ich gesagt habe, ich werde nochmal ein Jahr Wettkampf-Kletterer, vor allem mit dem großen Ziel Weltmeisterschaft. Und bis jetzt macht es so viel Spaß, dass ich sicher noch ein, zwei Jahre Wettkampf klettern werde.“ Und das zeigen seine hervorragenden Plätze in seiner Handicap-Klasse: 3. Platz Campitello Italien, 4. Platz Imst Österreich und 5. Platz auf der Weltmeisterschaft in Paris Frankreich. „Die Wettkämpfe sind besser gelaufen als gedacht und sorgen nun für zusätzliche Motivation.“

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Michael Füchsle beim Wettkampf in der Halle (Foto: Michael Füchsle)

Fünfmal die Woche trainiert Michael. Rückblickend ist er einfach nur glücklich und auch ein bisschen stolz darauf, sich selbst wieder ins Leben zurück gearbeitet zu haben: „Es hat niemand vermutet, dass ich jemals den Rollstuhl verlassen könnte und durch hartes Training habe ich es wieder geschafft.“

Viele Grüße und bis zum Teil 2 der „Outdoor gegen Krankheit“-Serie,
Stephie


Mehr Infos zu Michael Füchsle findet ihr unter:
www.michaelfuechsle.jimdo.com
und auf seiner Facebook-Seite:
www.facebook.com/michael.fuchsle

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