Der gelernte Maschinenbauingenieur Robert Roithinger ist ein erfahrener Sport-, Alpin- und Eiskletterer. Mit über 200 Erstbegehungen in Fels und Eis zählt er zu den Top-Kletterern in Österreich.

„Im Vorstieg ins Neuland reinklettern, sich mit Cliff fixieren oder gleich aus der Stellung einen Bolt bohren. Wo erforderlich moven und von den Sicherungen wegklettern, immer neugierig, wie sich die nächste Passage lösen lässt. Seillänge um Seillänge die Strukturen entschlüsseln und die vorgestellte Linie so elegant wie möglich verwirklichen.“ Mit diesen Worten drückt Robert Roithinger seine Leidenschaft zum Klettern aus und seine Faszination neue Linien zu suchen. Zusammen mit Reini Schirl hat der Extremsportler im Jahr 2013 die anspruchsvolle Route „Gesäuseperle“ durch die „Dachl-Nordwand“ eingerichtet, im Vorstieg mit Bolts und Friends, ohne das Gelände vorher erkundet zu haben. 2014 gelingt den beiden Kletterern dann auch die Rotpunkt Begehung der Route. Für Robert eine der schönsten Routen überhaupt. Ein Gespräch mit dem zweifachen Vater über seine Leidenschaft, sein Unternehmen und seinen Kletterführer „Mühlviertel.“

Robert und Reini, 5. SL Gesäuseperle
Robert und Reini, 5. SL Gesäuseperle (Foto: Jürgen Reinmüller)
Robert 8.SL Gesäuseperle
Robert 8.SL Gesäuseperle (Foto: Reini Schirl)

Wann und wo bist du zum ersten Mal geklettert?

Ich bin schon sehr früh, oft auch mit Schi, in den Bergen gewesen. Wir sind damals schon recht steile Sachen gegangen, richtig klettern war dann bald gefragt. Das erste Mal organisiert und mit Seil und Ausbildung geklettert bin ich im Sommer 1984 auf einer Kletterwoche des Alpenvereins auf der Hesshütte im Gesäuse.

Wie würdest du dich selbst spontan beschreiben?

Innovativ und immer offen für Neues. Zielstrebig und konsequent aber nicht „verbohrt“.

Was sind deine persönlichen Kletterhighlights?

In 31 Jahren Klettern gibt’s so viele Highlights, die mir alle für sich wichtig sind. Eine meiner coolsten Sporklettertouren ist sicher „Mostly harmless“, 8b+ mit 75m durchgehender Länge am Schwarzeck. Stolz bin ich auch immer noch auf meine frühen onsights von Astroman, von den Separate Reality(s) (das im tschechischen Sandstein und das im Yosemite), vom Fisch und vom Phantom der Zinne, einigen E6/7 Tradrouten in England oder das free solo o.s. von freier als Paul Preuss am Hochkönig.

Eine der schönsten von mir erstbegangenen Alpinrouten ist wohl die Gesäuseperle am Dachl – besser geht‘s bei uns fast nimmer.

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Gr. Ödstein Nordwand
Großer Ödstein Nordwand mit Blick auf die Route (Foto: Andi Hollinger)

Wo warst du noch nie klettern und würdest gerne mal hin?

Auf den Lofoten würd ich gern mal klettern gehen, natürlich mit einem eigenen Boot hinsegeln. Da wart ich aber noch drauf, dass sich meine Frau ein Sabbatical nimmt und ich das mit ihr gemeinsam machen kann!

Du bist Kletterführerautor und seit kurzem auch Unternehmer. Wie ist die Idee Therapiekletterwände auf den Markt zu bringen entstanden?

Thomas und Mario vom climbingshop.at haben eine Anfrage bekommen, eine rasch und einfach verstellbare Kletterwand in einem Therapiezentrum zu bauen, die aber frei stehen sollte. Da haben sie mich gefragt, ob ich dazu eine Idee hätte. Ich war gerade wegen einer Schulterverletzung auf Reha und hatte etwas Zeit. Da habe ich mich hingesetzt und das im CAD modelliert, berechnet und ausgelegt. Das hat von Anfang an super funktioniert und es ist ein tolles Produkt geworden. Nachdem Thomas das Produkt dann nicht wirklich weiterführen wollte und konnte, haben Mario und ich beschlossen eine eigene Firma zu gründen. Dafür habe ich ein Metalltechnik und Maschinenbau Gewerbe und Mario ein Tischler Gewerbe angemeldet.
Neben unserem „Top Produkt“ – freistehenden, mobile, schwenkbare Wand bauen wir auch ganz klassische Kletterwände, Kippwände mit Handseilwinden, machen Boulder & Routenbau, bauen maßgeschneiderte Klimmzugstangen und Campusboards oder erledigen Inspektionen, Abnahmen sowie Reparatur von Kletterwänden. Ich wurde also vom Inschinör zum Handwerker ;-)

Therapiekletterwand OuDoor Messe Friedrichshafen
Messestand der Therapiekletterwand auf der OutDoor Messe 2015

Unsere Kunden sind Privatleute die Systemtraining machen wollen, oder daheim gerne eine Kippwand hätten, Physiotherapeuten oder Physio- und Rehazentren und Vereine/Hallen die verstellbare Wände zum Training wollen. Im Schulbereich arbeiten wir mit der österreichischen Schulsporthilfe bzw. der Sporkiste.at zusammen.

Dein Kletterführer „Mühlviertel“ wird in Kürze auf enziano erscheinen. Was kannst du uns über das Mühl/4 erzählen?

Heinz Sudra und ich habe das Buch im April 2009 neu aufgelegt – eine weitere Überarbeitung müssen wir wohl bald wieder mal angehen, denn es hat sich schon wieder einiges getan.
Das Müll/4, pardon Mühlviertel, ist das oberösterreichische Landesviertel nördlich der Donau. Das ist ein Teil der Böhmischen Masse und besteht aus Granit. Viele Klettereien sind auf echt gutem Warzengranit und es gibt den einen oder anderen Riss – der Fels ist rau und gibt viel Reibung! Das Warzeneiern ist nicht jedermanns Sache. Für Anfänger, die das mit dem Steigen noch nicht so drauf haben, oder direkt aus der Halle kommen kann das am Anfang frustrierend sein. Es gibt aber einige Gebiete mit richtig leichten Routen, z.B. Steyregg oder Zwettl. Selten sind die Felsen höher als 25m, meist aber sehr gut eingerichtet. Die Felsen stehen oft in Tälern am Fluss – gerade im Sommer kann man das gut mit Familienausflügen verbinden und die Kinder im Bach baden lassen während man selber ein bisserl was klettert. Für die schwereren Touren sollte man kühle, trockene Bedingungen abwarten. Die schweren Routen sind meist Boulderprobleme. Zum Bouldern gibt’s generell einiges, Sarmingstein oder Rohrbach sind super Gebiete. Die Drahtbürste zum Freilegen von vermoosten Felsen sollte man aber unbedingt mitbringen! Die Landschaft ist hügelig und von der Landwirtschaft geformt. Gute Wirtshäuser für‘s Bier danach findet man überall! Ein paar Tage Urlaub, ein gemütlicher Klettertag, oder auch nur ein Nachmittagsausflug. Wenn man nicht gerade Ausdauer 8a‘s klettern will, ist man im Mühlviertel bestens aufgehoben.
Für Schlechtwetter bietet sich kaum überhängendes, da muss man dann in eine der vielen Hallen oder Klettertürme oder ins nahe Ennstal ausweichen.


Der Kletterführer „Mühlviertel“ erscheint in Kürze in digitaler Form bei uns im Portal und in der enziano App. Die Produkte von Robert Roithinger & Mario Hartmann sowie genauere Informationen zu den Therapiewänden findet ihr unter: www.therapiekletterwand.eu

Robert klettert seit über 30 Jahren und startete mit der Erschließung der „Gesäuseperle“ nochmals durch. Sicherlich werden wir in Zukunft noch von ihm hören. Als Kletterer und als Unternehmer. Wir bedanken uns für das spannende Gespräch und wünschen alles Gute für die Zukunft.

 

Viele Grüße,
Stephanie

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