Diesen Sommer hatte ich die Gelegenheit den brandneuen Kletterschuh aus dem Hause LOWA zu testen. Wer jetzt sagt: „Ha! Ich wusste gar nicht, dass LOWA auch Kletterschuhe macht?!“ dem geht es wie mir am Anfang… Doch seit ein paar Jahren stellt das für Wanderschuhe bekannte Unternehmen aus Jetzendorf zwischen München und Ingolstadt auch Kletterschuhe her. Und die enge Kooperation mit verschiedenen Top-Athleten, die an der Entwicklung maßgeblich beteiligt sind, scheint sich auszuzahlen. Die Kletterschuhe können locker mit den sonst so üblichen Marken der Branche mithalten bzw. sie übertreffen. Doch macht euch selbst ein Bild…

Details

  • Aus der alpinen Produktsparte von LOWA
  • Einsatzbereich: Bouldern und Klettern in der Halle und am Fels
  • Obermaterial: Textil, ökologisches Spaltleder
  • Sohle: Vibram® XS-Grip
  • Gewicht: 560 Gramm pro Paar
  • Größen: UK 4 bis 12

Der erste Eindruck

Beim ersten Anblick des LOWA ROCKET Kletterschuhs fällt sofort der grasgrüne Bereich auf, der von der Ferse zur Sohle führt. Die Dehnungsschlitze erinnern an die Kiemen eines Haifisches und auch das restliche stromlinienförmige Design des ROCKET schreit förmlich „Performance!“. Während der hintere Teil der Sohle und der Ferse sehr weich und elastisch ist, sieht der vordere Teil vom Ballen zu den Zehen sehr stabil und fest aus. Die Trittfläche gibt bei leichtem Druck keinen Millimeter nach und verspricht einen guten Tritt am Fels.

LOWA Rocket Kletterschuh

Der einzelne Velrco-Klettverschluss geht über die komplette Breite des Schuhs und ist mit einem robusten Gummielement am Ende versehen. Der Klettverschluss deckt ein elastisches Textil-Gummigebilde ab, welches sich über den kompletten Rist des Fußes zieht. Dieses Element sorgt anscheinend für den guten Sitz im Schuh. Die drei Schlaufen zum An- und Ausziehen des Schuhs sind groß genug, so dass bequem jeder Finger durchpasst und sind robust am Schuh vernäht. Der Schuh ist insgesamt aus flexiblem Elastikmaterial und einem vorgedehnten Spaltleder gefertigt, das ohne jegliche Chemie gegerbt wurde und somit formbeständig und hautfreundlich ist. Der gesamte Innenbereich des Schuhs ist mit dem Spaltleder versehen.

Wie unterscheiden sich Kletterschuhe?

Eine gute Frage! Zuerst sollte einem jedoch bewusst sein, dass sich nicht nur die Kletterschuhe unterscheiden und verschiedene spezielle Anwendungsfälle haben, sondern dass auch unsere Füße durchaus unterschiedlich „ausfallen“ können. Durch die Evolution bedingt haben wir Menschen unterschiedliche Fußformen, doch dazu unten mehr. Die Kletterschuhe selbst kann man grob in zwei Kategorien einteilen: Mit und ohne Vorspannung. Natürlich gibt es viele weitere Eigenschaften, aber die Vorspannung hat am meisten Einfluss auf die Passform und das Gefühl am Fuß.

Im Vergleich zu Kletterschuhen gibt es auch spezielle Themen auf die man beim Kauf von bequemen Laufschuhen achten muss. Im kostenlosen E-Book von laufschuhe24.com kannst du ausführlich nachlesen was du beachten musst.

Die folgenden Eigenschaften solltest du beim Kauf des Schuhs bedenken. In der Praxis sind besonders die Vorspannung und der Fersenbereich wichtig, während der Verschluss eher persönliche Vorliebe ist.

Vorspannung: Um kleinere Tritte und schwerere Routen gehen zu können sind manche Kletterschuhe sehr „aggressiv“ designt. Dabei biegt sich der Schuh von der Ferse zur Spitze mehr oder weniger stark nach oben durch. Durch diese Form bringt der Kletterer besonders viel Kraft auf die Zehen. Nachteil bei großer Vorspannung mit dem so genannten „Downturn“ ist, dass die Bequemlichkeit nachlässt. Bei Schuhen mit sehr starker Vorspannung kann man kaum auf dem flachen Boden stehen.

Fersenbereich: Besonders wer beim Bouldern und Klettern viel „Hooken“ möchte sollte sich einen eng sitzenden Fersenbereich aussuchen, der idealerweise auch hoch bis hin zur Achillessehne geht. So ist der Fuß bei Hooks gut geschützt und der Schuh bietet halt.

Sohlenplatte: Oft ist in die Sohle der Schuhe eine Plastikplatte eingearbeitet. Durch diese kann man leichter stehen und die Belastung wird auf den ganzen Fuß verteilt. Nachteil ist, dass der Kletterer weniger Gefühl für den Fels hat.

Verschluss: Die beiden unterschiedlichen Verschlussmöglichkeiten bei Boulderschuhen sind Schnürung und Klettverschluss (sog. Velcro-Verschlüsse). Während man bei der Schnürung sehr individuell einstellen kann, an welcher Stelle der Schuh wie eng sein soll, geht das Aus- und Anziehen mit einem Klettverschluss deutlich schneller.

Welche Fußform habe ich?

Die Evolution hat uns sehr unterschiedliche Fußformen beschert. Man kann diese grob anhand der Länge der einzelnen Zehen identifizieren. Die drei Formen mit der meisten Verbreitung sind Ägyptisch, Griechisch und Romanisch/Römisch.

Verschiedene Fußformen für Kletterschuhe
  • Ägyptisch: zweite Zehe größer als die große Zehe
  • Griechisch: zweite Zehe länger als große Zehe
  • Romanisch: zweite Zehe und große Zehe sind gleich lang

Du fragst dich jetzt vielleicht warum deine Fußform so einen großen Einfluss haben soll. Der Unterschied zu normalen Freizeitschuhen ist bei den Kletterschuhen vor allem auch die Passform an den Zehen vorne. Im Freizeitschuh oder Wanderschuh hat man üblicherweise genug Platz und stößt nicht an. Im Kletterschuh dagegen ist es sehr üblich, dass die Zehen den Schuh vorne berühren. Dementsprechend kannst du dir vorstellen, wenn ein bestimmter Hersteller seine Schuhe auf eine griechische Fußform optimiert ist es vollkommen egal welche Größe du von diesem Modell anprobierst – es kann sehr gut sein, dass du mit deinen Römischen Quadratlatschen immer irgendwo anstößt und reibst. Hier macht es also durchaus Sinn einmal einen anderen Hersteller oder ein komplett anderes Modell zu probieren…

Auf was muss ich beim Kauf von Kletterschuhen bzw. Boulderschuhen achten?

Ich finde man sollte besonders den alten Mythos „Kletterschuhe müssen weh tun“ für sich persönlich hinterfragen… Wichtig finde ich, dass die Schuhe zwar gut sitzen aber nicht einschnüren oder die Zehen abknicken.

Zu oft sehe ich Kollegen die sich direkt nach der Route die Schuhe von den Füßen reißen und mit schmerzverzerrtem Gesicht umherhumpeln. Klar kommt es vor allem beim Bouldern auf eine gute Vorspannung und guten Halt an – aber das Ganze soll doch noch Spaß machen, oder? Ich habe lieber eine schöne Kletter- / Bouldersession mit heilen Füßen, als ein paar Züge mehr zu schaffen, dafür aber mit dauerhaftem Schmerz klettern zu müssen.

Überlegt euch für welchen Anwendungszweck ihr neue Schuhe braucht und wie lange / oft ihr diese anhaben werdet. Lasst euch beraten oder schaut online welche Hersteller und Schuhe dafür in Frage kommen. Am besten probiert ihr verschiedene Modelle einmal selbst in einem größeren Sportladen aus.

Ein weiterer Tipp ist, die Schuhe zu der Tageszeit anzuprobieren um die man meist beim Klettern ist. Denn die Füße schwellen im Laufe des Tages immer weiter an.

Entscheidet euch erst nach gutem Überlegen oder einer weiteren Nacht Bedenkzeit für den Kauf. Ich habe schon oft gehört, dass Kletterschuhe im Schrank bleiben, weil sich nach dem Kauf herausgestellt hat, dass die tollen Schuhe mit Vorspannung und Co. nun nach mehreren Routen doch nicht wirklich passen oder sogar Blasen verursachen. Daher nichts überstürzen und gut informieren!

Übrigens: LOWA hat diesen Kletterschuh gemeinsam mit Top Athleten wie Rudi Hauser und Gerlinde Kaltenbrunner entwickelt und getestet. Hier seht ihr den LOWA ROCKET und andere Schuhe der Kollektion im Feldtest [Video] und könnt euch anhören was die Profis dazu sagen.

Praxistest der LOWA ROCKET Kletterschuhe

Ich konnte die Kletterschuhe von LOWA sowohl am Fels am Auer Wandl als auch in der Halle testen und habe meine Beobachtungen notiert, um auch später noch den ersten Eindruck wiedergeben zu können. Insgesamt haben sich die Schuhe in meinem Praxis- und Langzeittest bewährt und passen mir sehr gut.

Kletterschuhe von LOWA im Praxistest am Auer Wandl

Ich habe beim Test besonderes Augenmerk auf die Passform und auf die Sohle gelegt, da diese beiden Punkte bei meinen bisherigen Kletterschuhen meist nicht ideal waren. Infos zum Verschleiß bzw. der Langlebigkeit der Sohle werde ich hier noch nachtragen, sobald ich ein paar Monate mit den neuen Schuhen geklettert bin.

Die Passform

LOWA bewirbt den Schuh mit einer „sockenartigen Passform“ was sich aber beim ersten Hineinschlüpfen als durchaus passend bestätigt. Der Fuß rutscht mit einem satten „Flopp“ in den Schuh hinein und man hört die überschüssige Luft entweichen. Die Haifisch-Chiemenartigen Dehnungsschlitze erhöhen die Flexibilität und sorgen dafür, dass sich der Schuh deiner Fußform anpasst. Auch ohne dass der Klettverschluss geschlossen ist sitzt der Kletterschuh am Fuß und ich spüre auch beim Laufen und bei Bewegungen keine Reibung.

LOWA Rocket am Fels

Der Schuh eignet sich besonders gut für Menschen mit einer griechischen oder ägyptischen Fußform da er sehr spitz auf den großen Zeh zuläuft. Achtet bei der Auswahl der Größe darauf, dass eure Zehen nicht gequetscht werden, denn die Annahme ein Kletterschuh müsste immer „eine Nummer zu eng“ sein ist längst überholt!

Gummiabdeckung und Fersenschlaufen

Oben auf dem Rist besitzt der Schuh ein gummiartigen verwobenen Textilbereich, der auch ohne Klett schon dafür sorgt, dass der Schuh sitzt. Dieser Bereich hat eine zentrale Schlaufe, die beim Anziehen von Vorteil ist.

Der Kletterschuh mit Schlaufen und Velcroverschluss

Ebenfalls wichtig sind die beiden Fersenschlaufen. Mit deren Hilfe kann man den Schuh schnell und angenehm über die Ferse ziehen. Auch zum späteren Ausziehen ist es am besten die Fersenschlaufen mit einer oder mit beiden Händen nach unten zu ziehen. Ich würde fast behaupten diese drei kleinen Schlaufen sind die wichtigsten Produkteigenschaften wenn es um das Thema schnelles und bequemes „An- und Ausziehen“ geht. Der einzelne Klettverschluss ermöglicht zusätzlich ein individuelles anpassen und regelt wie eng der Schuh sitzen soll.

Die Sohle und der Aufbau des Schuhs

Der LOWA ROCKET hat eine etwas stärkere Vorspannung und mit dem grün sichtbaren „Slingshot“ eine zusätzliche Stabilisierung und Spannungsübertragung von der Ferse zum Vorderfuß und eignet sich damit sehr gut für schwere Routen mit kleinen Tritten. Während im unteren Fußbereich des Schuhs ein weiches Gummi nur leicht zum Laufen verstärkt wurde, befindet sich an der Ferse ein extrabreites und robustes Gummiband das sich besonders für Hooks eignet. Man legt beim Hooken also nicht den Schuh selbst an der Wand an, sondern hat über die „verlängerte Sohle“ zusätzlichen Gripp wie am vorderen Bereich des Schuhs. Der obere Bereich der Ferse ist relativ hoch geschlossen und so ist auch die dortige Haut besser gestützt als bei anderen Modellen.

Der stabile hochgezogene Fersenbereich des Rocket – ideal zum Hooken!

Im vorderen Bereich des Schuhs beginnt die extra harte und sehr stabile Trittfläche. Sie wirkt fast so fest wie die Sohle des APPROACH GTX und hat eine gute Kante die es ermöglicht auch auf kleinen Tritten oder in Löchern zu stehen. Die vordere Trittfläche stabilisiert den gesamten Fußbereich vom Ballen bis zum großen Zeh, egal wie klein der Tritt am Fels ist.

 

LOWA ROCKET

139,95 €
9.8

Funktion & Bedienung

10.0/10

Lieferumfang

10.0/10

Design & Optik

10.0/10

Preis-Leistung

9.0/10

Vorteile

  • Schlaufe und Gummiabdeckung am Rist
  • Schmiegt sich sehr eng an den Fuß an ohne zu drücken
  • Dehnungsschlitze

 

Fazit

Ich persönlich kann den ROCKET nur allen Kletterern und Boulderern empfehlen, die einen sehr guten Schuh mit einer stabilen Sohle brauchen, um auch schwerere Routen mit kleinen Tritten gut zu meistern und die gleichzeitig gerne „bequeme“ Schuhe tragen. Denn was mich wirklich überrascht hat, war die satte Passform die sich wirklich an den Fuß anschmiegt und bereits ohne Klettverschluss so sitzt als könne man gleich losklettern. Auch wenn man den Schuh über längere Zeit trägt oder am Wandfuß herumläuft lässt es sich gut aushalten. Besonders gut finde ich die Fersenschlaufen, die es ermöglichen den Kletterschuh schnell und einfach an- und auszuziehen.
Im vorderen Trittbereich des Schuhs bin ich gespannt, wie sich die relativ harte Sohle im Dauertest bewährt. Das war üblicherweise die Stelle, an der alle meine bisherigen Schuhe schnell Löcher bekommen haben.

 

 

Sponsored Post: Dieser Artikel wurde von unserem Werbepartner LOWA Sportschuhe unterstützt, was jedoch keine Auswirkung auf die Ehrlichkeit des Testberichts hat.

 

4 KOMMENTARE

  1. Hallo Patric,
    super Artikel den du geschrieben hast. Ich interessiere mich für den Rocket und wollte wissen, wie er im Verhältnis zu deiner Straßenschuhgröße ausfällt ?

    Beste Grüße
    Frederik

    • Hallo Frederik,
      ich hab bei den Straßenschuhen meist 44 oder 45.

      Den Rocket habe ich in Größe 44 ausgewählt. Würde dir aber empfehlen, falls du bestellst, lieber noch eine Größe +/- zu nehmen und mal rein zu schlupfen.

      Viele Grüße
      Patric

  2. „Lasst euch beraten oder schaut online welche Hersteller und Schuhe dafür in Frage kommen. Am besten probiert ihr verschiedene Modelle einmal selbst in einem größeren Sportladen aus.“

    … und kauft dann Online?! Super Tipp. Auch die Amazon-Links. Top. Konsum aus dem Netz, bei den letzten A-Löchern natürlich, beraten und anporbieren aber im Laden. Klasse wirklich. Ích hoffe, keiner von euch grabbelt je die Griffe in meiner Halle an!

    • Hallo, danke für deine Meinung. Bei wem du kaufst darfst du sehr gerne selbst entscheiden. Ich wünsch dir eine entspannte (!) Zeit ;-)

      Liebe grabbelige Grüße
      Patric

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT

Please enter your comment!
Please enter your name here